Rocco Granata wurde am 16. August 1938 in Figline Vegliaturo - Kalabrien, Süd-Italien geboren. Mit zehn Jahren zog er zusammen mit seiner Mutter und seiner Schwester nach Belgien, wobei sie dem Vater Salvatore folgten, der schon zwei Jahre vorher Italien verlassen hatte. Es war die Absicht von Salvatore nur ein paar Jahre als Bergarbeiter im flämischen Bergbaugebiet Limburg zu arbeiten und mit dem dort verdienten Geld seine Schmiede in Italien zu vergrößern. Was Bergbau war, wusste er überhaupt nicht, und er hatte auch keine Vorstellung von den armseligen Zuständen, in denen er leben sollte und in die er seine Familie hineinziehen würde.
Der kleine Rocco hatte schon in Italien mit Musikunterricht angefangen. In Belgien nahm er zusätzlich Akkordeonunterricht. Das Akkordeon war sein Lieblingsinstrument, mit dem er sich oft das Heimweh vertreiben konnte. Und er wusste auch schon genau, dass die Musik immer sein Ziel sein würde. Als Teenager gewann Rocco dann verschiedene erste Preise in Akkordeon Wettbewerben, unter anderem einen von Radio Luxemburg.
Als echter Italiener war er besessen von zwei Sachen neben der Musik: der Liebe zu italienischen Motoren und vor allem zur Vespa. Weil für seinen Vater, Musiker zu sein nicht als richtiger Beruf galt begann Rocco eine Mechanikerlehre in einer Vespa Garage. Aber die Musik lag ihm im Blut, die konnte ihm keiner austreiben. Bald stellte Rocco seine eigene Band zusammen, das ‘Quintetto Internazionale‘. Sie bestand aus Immigrantenkindern. Erst spielte er nur Akkordeon, aber nach einiger Zeit fing er an dazu zu singen. Er konnte es einfach nicht lassen, und das Publikum fand seine Stimme einzigartig. Mit seiner sanften Stimme sang er melodische Lieder wie ‘Manuela‘, ein altes italienisches Lied, wofür er einen neuen gefühlvollen Anfang komponierte. Das Lied gefiel den tanzenden jungen Pärchen ausnehmend gut.
Eines Tages, bei einem solchen Aufspielen zum Tanz, als die anderen Musiker Pause machten, blieb Rocco allein auf der Bühne und improvisierte mit seinem Akkordeon in einem südamerikanischen Rhythmus. Da wurde ‚Marina‘ geboren. Im halbdunklen Lokal sah er über den Köpfen der tanzenden Paare im Neonlicht über der Bar die Werbung für eine belgische Zigarette mit dem Namen ‚Marina‘ und dem Bildnis eines wunderschönen Mädchens. Während er ihr Bildnis ansah, improvisierte er weiter : „Marina…Marina, ti voglio piu presto sposar“ - „Marina, Marina, ich möchte dich so schnell wie möglich heiraten!“
Seine Musiker kamen wieder auf die Bühne und Rocco feuerte sie an, ihm in diesem Rhythmus zu folgen. Er sah die lachenden und glücklichen Gesichter des Publikums und kann sich bis heute noch an den überschwänglichen Beifall erinnern.
Die Besucher der Tanzlokale fragten Rocco oft, ob es keine Schallplatten von ihm gäbe. Rocco wollte gerne eine Schallplatte aufnehmen. So zog er eines Tages mit seinem ‚Quintetto Internazionale’ nach Brüssel ins Studio. Er wollte eine Aufnahme machen von ‚Manuela‘, einem Lied, das sein Publikum immer wieder hören wollte.
Als er die Single Platte aufnahm, hatte er zunächst nicht daran gedacht, dass es auch eine B-Seite geben müsste. Er entschied sich zunächst, ‚Volare‘ von Domenico Modugno aufzunehmen. Aber dann erinnerte er sich an das Lied, das er vor einiger Zeit geschrieben hatte und das die Leute so gerne hörten und wozu sie so gerne tanzten. Und er sah wieder die vielen fröhlichen Gesichter vor sich, wenn er es sang, und er dachte sich: „Ach, es ist nur eine B-Seite, und es macht nicht viel aus, was ich drauf setze.“Der Text war zwar noch nicht ganz fertig und der Studio Techniker wurde ein bisschen nervös, weil er ein paar Mal aufhören musste, während Rocco noch den Text änderte. Doch dann entschied sich Rocco auf einmal und beendete das Lied schnell mit „oh no no no no“. So kam ‚Marina’ auf die B-Seite, wurde aber bald die A-Seite. Dieser Song wurde ein riesiger Hit. Es gibt wenige Lieder, die so oft aufgenommen wurden, so oft gedruckt und so oft gespielt wurden wie ‚Marina’. Bei der GEMA ist das Lied schon viele Jahre auf der Evergreen-Liste.
Rocco selber sang es seitdem schon viele tausende Mal in der ganzen Welt. Es gibt unzählige Versionen in den verschiedensten Sprachen. Bekannte Sänger wie Dean Martin, Falco, Marino Marini, Dalida, Flaco Jimenez, Chico & the Gypsies, André Rieu und viele viele andere haben es auf Schallplatte aufgenommen. Wo immer auf der Welt man einen Straßenmusiker bitten würde, dieses Lied zu spielen, würden gleich darauf die ersten bekannten und berühmten Noten erklingen. Auf allen Kontinenten und Ländern wird es mitgesungen. Dieses Jahr wird das Lied fünfzig Jahre alt und trotzdem bleibt es jung und frisch. Eine einfache Melodie, komponiert von einem jungen Kalabrese, dessen Vater als Bergarbeiter nach Belgien emigrierte: Rocco Granata. Es klingt wirklich wie ein Märchen.
Was folgte ist Geschichte. Das Lied verkaufte sich mittlerweile mehr als 100 Millionenmal. Es katapultierte Rocco auf die verschiedensten Bühnen der Konzerthallen in aller Welt und das seit 50 Jahren. ‚Marina’ überlebte viele Trends, obwohl es oft billig produziert wurde mit langweiligen Arrangements in gesichtslosen Produktionen. Die eingängige Melodie drang selbst bis zu Präsident Kennedy durch. Sein Koch beschrieb in einem Kochbuch, wie der Präsident in seine Küche kam und das Lied ‚Marina, Marina’ pfiff.
Rocco machte Monate lang Tourneen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er spielte in verschiedenen Musikfilmen mit. Der erste war „Marina“. Während des Drehens schloss er eine enge Freundschaft mit Silvio Francesco, eine Freundschaft fürs Leben. Er komponierte und sang weiter: ‚Oh oh Rosi’, ‚Ein Italiano’, ‚Irena’, ‚La Bella’, ‚Tango d’Amore’ ‚Germanina’, ‚Signorina mit dem blonden Haar’, ‚Ich bin immer verliebt’ usw. Sein Lied ‚Buona Notte Bambina’ von 1963 wurde das Leitmotiv in dem Film “Händler der vier Jahreszeiten“ von Rainer Werner Fassbinder.
1968 heiratete Rocco ein flämisches Mädchen, Rosie und ließ sich in Antwerpen, Belgien nieder. Sie bekamen zwei Kinder, Sam und Jessica und haben jetzt schon fünf Enkelkinder. In Antwerpen gründete er auch seinen Schallplattenvertrieb, Cardinal Records und den Musikverlag Granata Music Editions.
1989 machte Rocco eine neue Aufnahme von ‚Marina’ im Dance-Style. Unglaublich, aber es gelang ihm wieder mit demselben Lied und demselben Akkordeon so zu begeistern, dass er in die Charts gelangte. Rocco tourte wieder um die ganze Welt und machte weiter Aufnahmen wie z.B. 1991 die CD ‚Schöne Weihnacht - Buon Natale’, ‚Rocco Granata singt bekannte Märchenlieder’, 1994 ‚Der Weg durch mein Leben’.
Roccos folgende CDs sind auf Italienisch:
1996 LA FOTOGRAFIA
1997 STRAORDINARIO
1998 THAT’S AMORE..
2002 singt Rocco LA FOTOGRAFIA und STRAORDINARIO auf Deutsch unter dem Titel BELLA ROMANTICA.
2006 nimmt er die CD PAISELLU MIU zusammen mit 42 Musikern und dem genialen Arrangeur Michele Bisceglia auf. In dem Lied ‚Paisellu miu’ singt Rocco voll Melancholie über sein Leben und mit Unterstützung des legendären Fado-Spielers Custodio Castela singt er eine Ode an ‚Lisboa’. Bei dem Titelsong ‚Paisellu miu’ kommt noch die Jazz-Legende Toots Thielemans dazu, der diesen Song den ‚Italienischen Blues‘ nennt.
2008 veröffentlicht er RICOMINCIAMO - ‚Wir fangen neu an’. Wieder kommen dazu mehr als 40 Musiker ins Studio, es sind die besten, die es in Belgien gibt, sowie der Meister- Arrangeur Alain Van Zeveren. Während ‚Paisellu miu’ vom Heimweh handelte, geht es in ‚Ricominciamo’ über Passion.
Nach der Veröffentlichung dieser zwei letzten CDs hat Rocco Tourneen gemacht. Und dann hat er sich hingesetzt und angefangen zu schreiben, weil Belgiens größter Filmregisseur, der einmal für den Oscar nominierte Stijn Coninx ihn davon informierte, er würde einen Film über Roccos Leben drehen wollen und ihn deshalb bat, ihm so viel wie möglich darüber auf zu schreiben.
Wie so viele Emigranten sind Roccos Eltern nicht nach Süd-Italien zurückgekehrt. Sie blieben ihrer Kinder wegen unter dem grauen Himmel Belgiens. Rocco war ihr Stolz und ihre Freude und er tat alles dafür, dass es seiner Familie gut ging. Heute sind seine Eltern in Belgien begraben, und Rocco stellte sich nachts wiederholt die Frage, ob sie vielleicht doch nicht lieber in ihrer Heimat Italien, unter hohen Zypressen ihre letzte Ruhestätte gefunden hätten.
All dies, wie auch die Geschichte von ‘Marina’ hat er nun in seiner Autobiographie „ROCCO“ beschrieben. Noch immer ‚ein Testa Kalabrese’, ein eigensinniger Kalabrese, wollte er keinen ‘Ghost-writer’, sondern hat alles selber handschriftlich verfasst. Diesen Text tippte dann seine Frau Rosie in den Computer.
Roccos Hobby ist das Golfspielen. Wann immer er durch die Welt reist, nimmt er seine Golfschläger mit. Er liebt aber auch Italien, Jazz, Pasta, Musiker, italienische Wagen, Verdi, Puccini, Portugal, Labradors, Visconti, Fellini, Scorsese und Coppola und Ruhe.Was Rocco nicht mag sind Partys, Gäste, die unpünktlich sind, dass er immer wieder nach seiner Meinung gefragt wird, Bohnen, Eier, Pommes frites aus der Tiefkühltruhe, schlechte Akustik und zu kalte Klimaanlagen.